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Komm flieg mit // The trip begins here
Good Morning Vietnam // 08.01.2010

Thrombosegefahr

Der plan: mit dem Open Bus nach HCMC (oder eben Saigon), dort ein Taxi zum busbahnhof Mien Tay und mit dem öffentlichen bus nach Vinh Long im Mekong Delta (damit wir nicht immer auf Stephans spuren wandeln :o) Dort sollten wir, grob geschätzt, am späteren nachmittag ankommen … Wie gesagt, so der plan …

Der bus soll um 8.15 uhr kommen, die tickets haben wir ja schon am vorabend gecheckt. Locker zeit zum frühstücken und ein letztes mal die zehen in den sand zu bohren …
Pünktlich sind wir zur stelle und müssen erst mal warten. Dann beordert man uns zur straße, der bus pickt die touris vor den jeweiligen hotels auf.

Viele busse kommen vorbei, doch alle ignorieren uns. Endlich, nach einer weiteren halben stunde erscheint der Open-Bus. Wir hüpfen rein, bekommen plätze zugewiesen und lassen uns nieder.
Wie ich dann feststelle – wie so oft – auf der falschen, der sonnenseite. Fast unmöglich rauszufoten, alles wird angestrahlt und reflektiert im fenster. Warum haben die überall diese hellen schutzbezüge auf den sitzen? Die werden doch ur schnell dreckig!

Ich versuch’s trotzdem und hoffe, dass das eine oder andere bilderl was wird. Wenn ich neidig zur anderen seite raus schaue, sehe ich wunderschön beleuchtete häuser und landschaften.
Kein spiegeln, weil alle auf der sonnenseite die vorhänge zugezogen haben.
Irgendwann gebe ich auf, unser zentralgestirn brennt zu heftig runter, ich picke am sitz und mein shirt auf mir.

Kleiner tip: für solche fahrten kein dunkles, zu enges oberteil wählen, das rächt sich …

Bis wir endgültig aus Mui Ne draußen sind, vergeht eine kleine ewigkeit. Alle paar meter bleiben wir stehen und neue passagiere werden aufgenommen. Wenigstens sehen wir, dass wir unterkunftstechnisch eindeutig eine gute wahl getroffen hatten, weiter südlich der stadt stehen nur furchtbare, unpersönliche betonbunker und gschissene mehrsternhotels …

Endlich sind wir vollzählig, und düsen gen HCMC. Na ja, düsen ist übertrieben, in Vietnam gelten diverse geschwindigkeitsbeschränkungen, welche peinlich genau eingehalten werden.
Innerorts ist z.b. tempo 40 veranschlagt und da sich viele orte und örtchen entlang der hauptstraße scharren, ist die durchschnittsgeschwindigkeit nicht wirklich hoch ...
Beginn und ende jeder ansiedlung werden mit schildern und erhabenen querstreifen auf der fahrbahn ausgewiesen.
Diese tempokiller werden von unserem schon etwas betagtem bus 1:1 an die wirbelsäule weitergereicht, was das wegdöseln nicht leichter macht.
Wenn dann noch auf dem sitz hinter dir ein blondes, deutsches mädl ständig die goschen offen hat und aus den lautsprechern die sommerhits der 80’er dröhnen ist für uns an schlaf nicht zu denken.

Endlich der langersehnte zwischenstopp. Ich werde nie verstehen, wie man sich nach so einem ritt gleich wieder an einen tisch setzen kann. Aber unsere mitreisenden tun’s. Wir bleiben stehen, tschicken und recken unsere glieder.

Die zweite etappe scheint sich endlos hinzuziehen. Wie lange kann es denn dauern 200 km zu überbrücken? Sehr lange wie es scheint :o(
Vor allem die einfahrt nach HCMC ist übel. 1000de lkw’s und busse, alle stoßstange an stoßstange.
Aber es ist interessant die geschäfte am straßenrand anzuschauen. Mal werden auf zwei bis drei kilometern kräne, bagger und straßenwalzen verscherbelt, dann folgt eine ewig lange reihe von steinmetzbetrieben. Vom Eiffelturm über die Freiheitsstatue, natürlich alle arten religiöser symbole und jede menge tiere – alles gibt’s in stein gemeißelt.

Bevor die nächste gilde ihren auftritt hat, verlassen wir die „schnell“-straße und stürzen uns ins unpackbare verkehrsgetümmel von Saigon.

Mitten im touristenviertel entlässt man uns. Ein busbegleiter verklickert noch, dass seine linie auch Vinh Long bedient, der nächste bus gehe um vier – also in knapp einer stunde.
Während Tini sich um die fahrkarten kümmert suhle ich mich im lärm und gewusel dieser stadt. Ich freu mich schon auf die zwei tage die wir hier verbringen werden.

Als sie zurück ist, mach ich einen kleinen spaziergang um was zu essen zu besorgen. In dieser halben stunde bekomme ich drei spezialmassagen, vier blowjobs und zweimal marihuana angeboten. Diese offerten werden sich in Tini’s begleitung sicher drastisch reduzieren :o)

Recht pünktlich – überraschung – bleibt ein kleiner, desolater Suzuki bei uns stehen, das gepäck wird eingeladen und los geht’s. Supi, nur wir zwei, jede menge platz. So lässt sich’s aushalten.
Wir cruisen eine halbe stunde durch die city, flankiert von, grob geschätzt, einer milliarde mopeds.
Irgendwo wird angehalten, wir bekommen neue tickets überreicht und werden aufgefordert zu warten.
Irgendwann kommt ein recht passabler SUV daher, nimmt uns und unsere habseligkeiten auf. Mittlerweile sind wir vier, immer noch viel platz, meine hoffnung auf eine angenehme fahrt wächst.

Und wir kreuzen wieder eine kleine ewigkeit durch diesen riesen moloch. Schlussendlich landen wir am busbahnhof Mien Tay. Hätten wir auch einfacher und schneller haben können, aber immerhin: geographisch hält der gefasste plan. Zeitlich samma a bissi hinten nach.

Und wieder mal: warten, warten ...
Das letzte vehikel entpuppt sich als ein Mercedes Sprinter. Unsere sieben sachen werden in den winzigen kofferraum hinter der heckklappe gequetscht, die rucksäcke nehmen wir selbstverständlich in den fahrgastraum mit.
Das fahrzeug füllt sich und schließlich sind wir vierzehn personen. Platz ist nicht viel, wir sitzen knie an knie, zwischen den wadeln unser handgepäck.

Es geht los, wir werden gleich von einer kuschelrock-cd beschallt, natürlich viel zu laut. Hinter mir telefoniert eine ältere dame voller inbrunst und da mir fad ist, nehm ich sie mit dem handy auf :o)
Der nächste soundtrack besteht aus mehr oder weniger bekannten popnummern, bei „we are the world“ muss ich mich zusammenreissen um nicht laut mitzusingen ...

Mittlerweile sind wir gerädert, müde und gereizt. Aber alles zusammen ist so abstrus, so dass ich nicht weiß ob ich lachen oder weinen soll. Also entscheide ich mich für ersteres, obwohl mein hinterteil inzwischen fast so taub wie meine ohren ist.

Aber es wird noch besser. Nach dem standard-zwischenstopp geht’s mit weltmusik weiter. Panflöte von Gheorghe Zamfir und Kalinka aus Russland lassen uns laut auflachen.

Endlich erreichen wir Vinh Long, die qual hat ein ende. Der fahrer macht allerdings keinerlei anstalten zu stoppen. Hmmm, vielleicht liegt der busbahnhof ja außerhalb. Dann ist die stadt zu ende und wir kleben immer noch eingekeilt im benz.
Ok, Can Tho ist auch nicht schlecht und weit weg ist die stadt ja auch nicht – kismet!!

Wenn allerdings die straße grad auf ihrer gesamten länge aufgerissen wird und ab der stadtgrenze der mörder stau ist, können schlappe 32 km ur weit sein ...
An der Can Tho’schen zufahrt wird der bus schon von horden mopedtaxlern belagert. Neugierig glotzen sie durch die scheiben und reißen mehrmals die seitentür auf um nach potentieller kundschaft ausschau zu halten. Total nervig diese typen!

Mitterweile werden wir mit vietnamesischem opernpop beschallt, was in etwa so klingt wie wenn man eine gefrorene katze durch eine kreissäge schiebt – die nerven liegen also blank.

Unser gefährt kämpft sich weiter vor und plötzlich fahren wir auf eine fähre. Halt, wo geht’s jetzt hin? Hektisch blättere ich im reiseführer, da steht nix. Bringen die uns jetzt mit dem boot weißgottwohin?

Keiner der insassen ist des englischen mächtig, aussteigen können wir auch nicht. Langsam werden wir wirklich unausgeglichen!
Als die fähre anlegt und wir wieder gebäude sehen, atmen wir auf. Immer noch Can Tho.
Eine kurze fahrt noch, und der bus hält. Diesmal entgültig bei einer tankstelle.

Während Tini mit grimmiger Miene versucht die buhlenden mopedtaxler zu vertreiben, erkundige ich mich gestikulierend mittles stadtplan wo genau wir denn gelandet sind. Gut, laut maßstab sind es nur ein paar hundert meter bis zum hotelgrätzl, die werden wir – den aufdringlichen jungs zu fleiß – gehen.

Als wir einen großen kreisverkehr umrundet haben, bleibt eine junge frau mit ihrem roller stehen und fragt uns – in perfektem englisch – wo wir denn hinwollen.
Na ins zentrum, wohin sonst?
Ok, meint sie. Aber wenn wir so weitergehen, werden wir in Kambodscha landen ... Ui blöd, in der richtung geirrt :o)
Als wir uns umwenden klärt sie uns auf, dass der maßstab im reiseführer nicht stimmt und es mehr als drei kilometer bis zur stadtmitte seien.
Das wollen wir uns natürlich nicht antun, sie winkt zwei Xe-Om (motorradtaxis, auch Honda-Om genannt, was soviel bedeutet wie Honda-Umarmung) herbei und weist sie an, uns zum vorher auserkorenen hotel zu bringen.
Sie fährt den ganzen weg neben uns her und als sich die absteige als ausgebucht erweist, geleitet sie uns zu einer anderen herberge.
Hier gibt’s ein freies zimmer, groß, sauber, WIFI und günstig ist es auch.
Ein paar jungs vor dem eingang drücken mir gleich ein kaltes bier in die hand, ein sehr gutes zeichen.

Unser schutzengel erzählt uns, dass sie auch bootsausflüge vermittelt und weil sie uns gerettet hat und der preis ok ist, sagen wir zu.
Einziger haken: um 6 uhr früh geht’s los. Mittlerweile ist es schon elf, wir sind dreckig und hungrig, aber das wird schon irgendwie gehen ...

Also noch kurz auf futtersuche, Can Tho ist um diese zeit wie ausgestorben. Es ist leicht gespenstisch fast alleine auf der straße zu sein.
Aber, wir haben glück.
Ein hendal und ein bier, dann zruck duschen und sich ausstrecken. Das alles haben wir echt nötig und uns bitter verdient.

Stefan


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Kommentare der anderen:

sandrini schrieb:
22.01.2010 - 18:52 Uhr
also ich bin immer wieder erstaunt über diese extremst vernetzungen der leitungen und die unzähligen mopedn...
Elisabeth schrieb:
20.01.2010 - 20:09 Uhr
beneidenswert, wie kann man nur so spannend schreiben, wenn ich das lese bin ich mittendrinn und mir schlafen auch die füße ein und die wirbelsäule jammert mit. mit spannung warten wir schon auf den nächsten bericht und die grandiosen bilder.
stephan (Homepage) schrieb:
20.01.2010 - 11:12 Uhr
na, da hat sich aber schon einiges verändert, bodenschwellen und (beachtete) geschwindigkeitsbegrenzungen in ortschaften gab's vor drei jahren noch nicht ... durchs langsamere vorankommen habt ihr euch wenigstens lebensbedrohliche erfahrungen erspart ... :-P das übrige klingt altbekannt, die vorfreude auf eine bequeme fahrt in nicht überfüllten fahrzeugen hat sich bei uns auch immer als enttäuschung heraus gestellt ... =] aber ein spannender tag, zumindest aus perspektive der leser ... hihi ...