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Komm flieg mit // The trip begins here
Asia fastforward // 12.02.2009

Grenzen & Erfahrungen

Unpassierbare landesgrenzen, grenzbelastung für material und gemüt beim speedboat fahren – dieser tag hat es ganz schön in sich.
Aber, wir überstehen alle prüfungen unbeschadet und sind erstaunt, wie schnell man nach einer dusche und einem kalten bier zur "normalität" zurückfindet ...

Laut reiseführer fahren hier in Pak Lai die Boote gen Vientiane zwischen 8.00 und 9.00 uhr ab, man sei aber gut beraten, wenn man schon früher dort ist. Weil – wie in Laos so sitte – fahrzeuge aller art fahren ab, sobald sie voll besetzt sind.
So treffen wir uns, wie am vorabend ausgemacht, frisch und munter um 6.30 vor dem guesthouse. Wir warten noch auf Petra, als uns der guesthouse-besitzer fragt, wo wir denn hinwollen. Auf unsere auskunft hin sagt er nur: no boat today.

Das kann ja wohl nicht wahr sein!! Stephan und ich lassen alles liegen und latschen zur anlegestelle. Dort kommt uns schon der nette holländer entgegen und bestätigt die erhaltene auskunft – a so an schaß...
So halten wir eine art krisensitzung ab und erörtern die optionen:
- noch eine nacht hier in diesem öden kaff verbringen und mit dem boot am Freitag fahren (das ziemlich sicher fährt), also einen tag verlieren...
- ein Speedboat mieten, was relativ teuer ist, weil wir wenige und die holländer gesundheitlich angeschlagen sind und sich so eine fahrt nicht zutrauen ... Ausserdem wird in allen reiseführern davor gewarnt, wie gefährlich diese boote sind, dass ständig unfälle passieren.
- mit dem bus nach Sanakham fahren und dort die grenze überqueren. Dann würden wir halt die hauptstadt auslassen, aber mittlerweile sind wir ein bissi gefrustet und wollen eigentlich nur mehr weg...

Wir entscheiden uns für die dritte möglichkeit, was uns auch noch gelegenheit bietet, einige zeit mit Petra zu verbringen. Der bus fährt ja weiter bis Vientiane, und dort will/muss sie hin. Die holländer sind auch mit von der partie, so bestellen wir ein Tuk-Tuk und düsen zum busbahnhof.
Dort angekommen, fragen wir den ticketverkäufer, ob ein grenzübertritt bei Sanakham möglich ist, und er sagt ja. Also kaufen wir die karten und setzen uns in den bus. Dieser füllt sich sehr schnell, bald ist der gesamte mittelgang mit plastikstühlen voll, einige fahrgäste sitzen sogar am dach.
Unser bus, ein halbes wrack, kämpft sich mühsam die steigungen empor und auch bergab kriecht er dahin. Wir schätzen, dass die bremsen hinüber sind, und der fahrer mit der motorbremse fährt um sie zu schonen. Zwischendurch noch eine weitere Mekongüberquerung per fähre. So dehnt sich eine stunde angegebene fahrzeit zu zweieinhalb, bis wir endlich unser ziel erreichen.

Es folgt ein sehr emotionaler abschied von Petra, die als einzige ausländerin im bus verbleibt. Wir wünschen uns gegenseitig alles gute, versprechen in kontakt zu bleiben und winken bis sie außer sichtweite ist – seufz...

Dann schnappen wir uns wieder ein Tuk-Tuk bis zum grenzposten. Dort will der grenzbeamte, der relativ gut englisch kann, erst mal unsere pässe sehen, bevor er uns erklärt, dass dies kein internationaler grenzübergang ist und wir somit nicht rüberdürfen. Es fehle ihm der richtige stempel, so seine ausführungen. Wir könnten aber zurück nach Pak Lai und über eine andere grenze fahren, oder hier eine nacht verbringen, und dann per bus oder slowboat nach Vientiane fahren. Also schon wieder einen tag versch...
Als letzte alternative nennt er uns die möglichkeit, ein speedboat zu mieten. Auf unsere frage, ob die gefährlich sind, meint er: nicht besonders...

Also wieder ins Tuk-Tuk und zurück zum "hafen". Auf halbem weg steigen die holländer aus, sie bleiben über nacht hier.
Bei den speedboats angekommen, beginnen wir mit den verhandlungen. Da wir nur drei sind, erwarten wir einen gesalzenen preis und bekommen ihn auch prompt genannt. 1,5 millionen kip wollen die von uns! Das sind 150 euronen – damit kann man wahrscheinlich schon ein halbes boot kaufen. Das ist natürlich zu viel, und außerdem haben wir diese summe gar nicht vorrätig. So legen wir all unser geld zusammen (bis auf 400 baht eiserne reserve) und kommen auf etwa 840.000 kip.
Der chefverhandler nimmt das geld und verschwindet damit in einem offiziell aussehenden häuschen. Stephan und ich ihm nach, nicht dass er damit abhaut oder was abzweigt. Drinnen zählt er es zweimal nach, sagt dass die fahrt in ordnung geht, steckt einen teil ein und gibt den rest einem anderen kerl, der sich später als unser bootsführer entpuppt. Dieser deutet uns, ihm zu folgen; wir schultern das gepäck und turnen hinter ihm eine steile stiege zum ufer runter.
Vergeblich halte ich ausschau nach dem speedboat. Vor uns im wasser schaukeln nur kleine nussschalen herum. Er steuert auf eines dieser bötchen zu, nimmt unser gepäck und beginnt es vorne am bug festzuzurren. Oje, mit so einem kleinen ding sollen wir fahren? Die breite beträgt knapp über einen meter, grad platz genug, dass zwei menschen nebeneinander sitzen können. Die bordwand lugt schüchterne 15cm übers wasser, wenn wir alle drinsitzen wird sich das drastisch verringern. Hinten am heck trohnt ein vier-zylinder motor mit einer langen stange, an deren ende die schraube sitzt. Uns wird angst und bange, aber es ist die einzige möglichkeit, von hier weg zu kommen.

Wir schlüpfen in die schwimmwesten, ziehen die helme an und verteilen uns auf die drei sitzbänke. Der kapitän deutet irgendwas mit essen an, aber wir versuchen ihm zu erklären, dass wir nicht hungrig sind und schleunigst losfahren wollen. Er dreht sich um und stapft zurück zur stiege. So sitzen wir ziemlich deppert da und wissen nicht was sache ist.
Schließlich steige ich aus und folge ihm. Des rätsels lösung: es gibt noch drei weitere passagiere - einheimische, die grad ihr mittagessen beendet haben und sich nun zu uns ins boot gesellen. So wie es ausschaut, haben wir für deren fahrt mitbezahlt. Ich versuche diese ungerechtigkeit dem kapitän zu erklären, scheitere aber an der sprachliche hürde oder seinem unwillen, etwas von der kohle wieder rauszurücken.

Wir legen ab. Zuerst liegt das booti recht wacklig im wasser, als aber am gasgriff gedreht wird, ändert sich das. Der bug hebt sich einen halben meter in die höhe, die gischt spritzt beidseitig in hohem bogen empor. So düsen wir mit etwa 60km/h den Mekong entlang.
Stephan und ich sitzen ganz hinten und sind dem dröhnen des beinahe unbeauspufften motors voll ausgesetzt. Es geht mit einem affenzahn über stromschnellen, weite wasserflächen und zwischen mächtigen, eng beieinander stehenden felsen durch. Ein falsches manöver, und uns würde es in tausend einzelteile zerlegen.

Der totale Wahnsinn!!!

Total verkrampft klammere ich mich fest, und mir rasen sämtliche gründe, warum jetzt ein sehr schlechter zeitpunkt wäre, den löffel abzugeben, durch den kopf – es gibt gottseidank wirklich viele. :o)
Nach etwa 45 minuten wildem ritt wird das boot gebremst, und wir machen an einer sanddüne halt. Der bootsführer beginnt den vergaser abzuschrauben, zu zerlegen und zu reinigen. Jetzt wäre die letzte gelegenheit den hut draufzuhauen und ein anderes transportmittel zu suchen, aber man will sich ja keine blöße geben...
Wir machen uns gegenseitig mut, rauchen eine und nützen die pause um aufs klo zu gehen. Der motor wird wieder zusammengebaut, neues öl eingefüllt (der leere kanister landet auf der sanddüne) und weiter geht's...

Seltsamerweise empfinden wir den zweiten teil der fahrt nicht mehr so schlimm. Stephan schläft sogar kurzzeitig ein. Unglaublich!! Nerven wie drahtseile, oder ein enormes schlafdefizit – wer weiß...
Die arme Tini sitzt ganz vorne, hat kaum platz und hält mit einer hand den viel zu großen helm fest. Sie behält unser gepäck im auge, das schon ganz schief dort hängt - ich sehe es schon runterrutschen.
Der wind formt auf größeren wasserflächen kleine wellen, über die unser boot mit dem sound von maschinengewehrfeuer brettert. Eine enorme belastung für die planken, und ich denk mir schon wieder horrorszenarien aus...
Das einzige, was mir recht taugt, sind die langgezogenen kurven. Ein bissi wie motorradfahren. Das schlingern zur seite hingegen schlägt mir ein wenig auf den magen... Endlich, nach zwei stunden todesangst erreichen wir die anlegestelle. Wir mühen uns vollgepackt über blanken felsen und eine beinahe senkrechte stiege empor – geschafft !!!
Eins ist sicher, und da sind wir uns alle einig: nie wieder eine speedboatfahrt!!

Total gerädert, aber überglücklich und völlig aufgedreht rauchen wir zuerst mal eine, bevor wir in die stadt fahren. Das Tuk-Tuk kostet uns die letzten 400 baht, aber das ist egal, in Vientiane wird es wohl einen bankomaten geben.
Während der fahrt ändert sich die umgebung kontinuierlich. Zuerst flankieren uns nur wenige häuser, dann nimmt deren dichte zu, die fahrbahn wird mehrspurig, straßenlampen, ampeln und richtige zebrastreifen tauchen auf – wir sind wieder in einer echten stadt!
Das Tuk-Tuk entlässt uns an einer belebten ecke, der ATM ist schon in sicht. Ein bissi geld abschöpfen und schnurstracks auf das nächste restaurant zusteuern.

Und wieder sitzen wir am ufer des Mekong, allerdings ist von ihm fast nichts zu sehen. Nur eine riesige sandbank erstreckt sich vor uns, sporadisch sieht man ein wenig wasser glitzern. Wurscht, zuerst mal ein bier trinken und was essen. Ich bin immer noch total euphorisch das speedboat überlebt zu haben, kann fast nicht ruhig sitzen. Wie die wahnsinnigen twittern wir (ja, hier haben wir wieder empfang) und versuchen das erlebte in wenigen zeichen (max. 140) zusammenzufassen. Leider kommen diese nachrichten bei twitter und somit auf KFM nicht an, aber das bemerken wir erst später...

Nun noch die herbergssuche. Beim erstbesten hotel halten wir an, Tini und Stephan inspizieren die zimmer. Es gibt verschiedene preisklassen, aber die beiden nehmen das teuerste - eine tolle, geräumige suite mit einem wunderschönen badezimmer. Das haben wir uns nach den strapazen und dem nahtoderlebnis wirklich verdient.
Tini haut sich gleich unter die dusche, wir buben machen es uns in einer art atrium im ersten stock bequem und nützen das w-lan. Es ist zwar recht langsam, aber stabil, und endlich können wir wieder mit der außenwelt kontakt aufnehmen.

Ich schreibe Petra eine nachricht und erzähle ihr, dass wir nun doch in Vientine gelandet sind. Eine stunde später steht sie plötzlich vor uns – dass wir uns so schnell wiedersehen hätte keiner von uns gedacht.
Ein wenig basteln wir noch an unseren berichten, dann wird die stadt erkundet, oder besser gesagt ein beisl gesucht. Wir gehen voraus, Stephan kämpft noch mit der langsamen übertragungsrate.
Im der ersten bar, die recht stolze preise verlangt, gönnen sich die mädels einen cocktail, während ich beim Bierlao bleibe. Stephan taucht auf, und wir machen einen LKW (lokalwechsel). Was sich aber als recht schwierig erweist, weil alle schon am zusperren sind – und das kurz vor elf uhr abends in der hauptstadt!!!!

Schließlich werden wir fündig und bestellen noch eine runde. Die cocktails hier haben recht eigenartige namen, und Petra tut sich schwer, sich zwischen "Slippery Nipples", "Sex on the Mekong", "Screaming Orgasm" und "Wet Pussy" zu entscheiden. Schlussendlich isses eh egal, denn anscheinend hat der barkeeper grad gekündigt, und der chef kann nur einen einzigen, namenlosen drink mixen. Den tunen wir noch ein bissi mit unseren flachmännern.
Wir sind natürlich die letzten gäste. Das gesamte personal lungert um uns herum und vermittelt nachhaltig den eindruck, dass sie alle eigentlich schon nach hause wollen. Kaum ist ein glas ausgetrunken, wird es auch schon abgeräumt. Ich fühl mich nicht recht wohl mit all diesen blicken im kreuz und dränge ein wenig zum aufbruch. Die anderen sind nicht so sensibel, und schließlich füge ich mich.
Auf jeden fall haben wir es sehr lustig. Petra verträgt nicht wirklich was und hat schon nach ein paar schluck rote wangen und redet wirres zeug. :o)

Nachdem alle gläser geleert sind, verabschieden wir uns wieder mal von ihr, wünschen eine gute weiterreise und versichern uns, dass wir einander in good old europe mal besuchen kommen... Dann geht's zurück ins hotel, wo man uns netterweise eine dritte matratze ins zimmer gelegt hat. Wir werden sicher super schlafen in dieser luxusherberge, da mach ich mir keine sorgen! :o)

Stefan

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