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Komm flieg mit // The trip begins here
Asia fastforward // 11.02.2009

Der Höllenritt

Von der schlimmsten fahrt meines reiselebens, der schönsten dusche meines überhauptlebens, der zähigkeit unsrer kleinen gruppe, wie eine suppe alles wieder gut macht und dass "den mond anheulen" nicht nur im film funktioniert...

Der "früh-aufsteh-fluch" schlägt wieder zu ... wir müssen ohne kaffee im bauchi ins Tuk-Tuk hüpfen, um zur Southern-Busstation zu gelangen, denn wir wollen endlich, endlich nach Pak Lai!

Neblig düster ist es noch, während der fahrt verschwinden die menschen unwirklich im dunst und tauchen ebenso daraus auf. Die kinder, die gerade auf dem weg zur schule sind, begleiten uns ein stück zu fuss oder auf fahrrädern ... untermalt mit dieser seltsamen stimmung, die der allesüberdeckende nebel zaubert ... mal spuckt er eine gruppe frauen aus, die holz auf ihren rücken transportieren, mal ein mofa mit einem mondänen pärchen drauf ... die kurze fahrt ist ein erlebnis!

Der busbahnhof selbst ist nicht mehr als ein besserer parkplatz. Keine toiletten, keine wirkliche möglichkeit proviant einzukaufen ... nur ein paar Tuk-Tuks (Sawngthaew heissen die eigentlich), eins davon mit zwei vermummten laotinnen drin, stehen in der gegend rum.

Immerhin kann ich vier kleine kuchen erstehen, Petra noch mal in den busch pinkeln ... und schon geht's los ... man deutet uns, auf dem offenen gefährt mit den frauen platz zu nehmen ... wir witzeln noch, wie wir nach der dreistündigen fahrt wohl ausschaun werden (und wie gut es doch ist, dass wir die klamotten von gestern anhaben =) ...

Es ist ja ein segen das man nicht weiss, was kommt! Es war nämlich fürchterlich ... richtig, echt! ... aber, ich will ja nicht vorgreifen ...

Anfangs noch zu neunt, wickle ich erstmal meinen kopf ein ... die beiden frauen neben mir werden schon wissen was sie tun! ... und gut war's! ... schon nach ein paar metern auf der sehr holprigen, staubigen strasse, sind wir mit einer schicht brauner erde überzogen, Petra beginnt auch, sich zu vermummen ... nur die buben haben nichts dabei, um ihre häupter zu schützen (von den kameras ganz zu schweigen, aber auf sowas kann ich mich jetzt bei gott nicht konzentrieren!)

Bald schon steigen noch ein paar leute zu, es wird eng ... und ich bin nur noch mit überleben beschäftigt ... mein hintern tut jetzt schon furchtbar weh – wir sitzen auf schmalen, unbequemen holzbänken – es staubt unsäglich, wobei der staub seltsamer- und unnötigerweise durch einen sog auch von hinten ins innere des gefährts gewirbelt wird und alles noch schlimmer macht ... die stossdämpfer sind total hinüber, und die strasse wird immer schlimmer ... und: wir sind erst vierzig minuten unterwegs ...!
... HEIKE, HILF!

Ein bisserl heitert mich noch die rumflaxerei mit Petra auf, das mädl ist ein wahrer sonnenschein ... aber, auch wenn alle tapfer drein schaun, tief in ihren augen seh ich das – ich sags jetzt mal ganz theatralisch – entsetzen ... alle scheinen wir nur drauf zu warten, dass die drei stunden endlich um sind, die strapazen ein ende haben mögen ...

Zeit ist ja bekanntlich relativ, und so zieht sich die fahrt natürlich unendlich. Noch dazu, wo ich kaum was sehen kann ... die völlig zugestaubte sonnenbrille und der schal um meinen kopf engen mein gesichtsfeld doch sehr ein ... meine welt besteht also nur aus ruckeln, schupfen, festkrallen, durchgeschüttelt und eingestaubt werden ...

Oh wunder, dank der tabletten gegen reisekrankheit (für alle leidgenossen: die heissen Echnatol B6, wirken sofort und absolut zuverlässig!), nicke ich trotzdem immer wieder ein, natürlich nur ein paar sekunden/minuten ... die nächste grosse erschütterung lässt nie lang auf sich warten.
So verpasse ich auch, dass zeitweise bis zu 23 (!!!) menschen in beziehungsweise auf dem kleinen gefährt platz finden ... laut erzählungen klammern sich mehrere aussen am tuk-tuk fest ...

Wie gesagt, ich krieg eigentlich gar nix mehr mit, alles schmerzt, verzweiflung macht sich langsam breit ... vorallem als mir Petra (sie sieht mittlerweile so aus wie ich mich fühl, ich bin also kein weinerliches lulu) deutet, dass die drei stunden längst um sind ... und trotzdem ist keine stadt in sicht! ... mir ist zum schreien ... aber niemand würd mich hören, also lass ichs ;o)

Als ein paar mitreisende aussteigen, packen die buben die gelegenheit beim schopf und versuchen ein klo aufzutreiben (nachher erzählen sie mir von den höllenqualen, die sie während der letzten stunde gelitten haben ... jeder weiss, wie ungut eine normale autofahrt mit voller blase ist ... aber bei dem auf und ab? ... ich hab ganz viel mitleid!) ... sie haben glück, die frauen, die am wegesrand sitzen, erlauben ihnen ihr privates loch im boden zu benützen =)

Um das gejammere abzukürzen ... nach vier stunden hat die tortur ein ende.
Völlig k.o. in Pak Lai angekommen, beuteln wir uns erstmal aus ... jeder von uns erzeugt so seine eigene kleine sanddüne ... ein bissi strecken, die erste zigarette ... und schon seh ich die ersten zahnreihen in den dreckigen gesichtern aufblitzen ... wir habens überlebt!

Zum glück treffen wir an der "busstation" noch ein traveller-pärchen das uns ein guesthouse empfiehlt ... und mir das gefühl gibt, nicht völlig gaga zu sein – es gibt noch andre, die das freiwillig auf sich genommen haben!

Reibungslos bringt uns das tuk-tuk zum "Jenny Guesthouse". was wir am weg dorthin von Pak Lai sehen, ist das gewohnte bild der "durchzugs-ortschaften" ... ein paar bretterbuden entlang einer staubigen (schon wieder das böse wort! danke, davon hatten wir heute schon genug!) strasse ... und sonst nix ...

Jenny empfängt uns mit eher kühlem ambiente, einzig die sicht auf den fluss von unsrem zimmer aus ist echt nett ... wird aber erstmal links liegen gelassen von mir ... ich will nur duschen!!!
Da es allen so geht (und ich das glück hab, mit wahnsinnig unkomplizierten menschen zu reisen ... Petra passt auch hier perfekt in unser grüpplein) ist die frage der zimmeraufteilung in nullkommanix gelöst, Stephan und Petra teilen sich wieder ein zimmer – diesmal mit doppelbett, egal ...

Hach, und was ist das herrlich ... all den dreck loszuwerden ... den am körper, aber auch den im kopf (ich bin doch so verliebt in laos, möchte nicht zulassen dass das junge glück von einem miesen transport zerstört wird) ... mir ist völlig egal, dass es der ameisenkolonie, die in unserem bad wohnt, nicht taugt, dass ich alles unter wasser setze ... das ist die tollste dusche ever!

Nachdem wir auch rucksäcke und sandalen vom gröbsten dreck befreit haben, melden sich wieder elementare bedürfnisse ... durst! hunga!
Nicht wählerisch, gar nicht wählerisch, kehren wir gleich nebenan in einem lokal ein und ordern das "einsa-menü" (beerlao und chickenrice) - während petra für laaange zeit im bad verschwindet ...

Wiedermal verblüfft es mich, wie schnell all die strapazen vergessen und verdaut sind, sobald der körper rein und der magen gefüllt ist. Als wär nix gewesen, sitzen wir bald wieder total zufrieden rum, machen uns gedanken um die nachmittagsgestaltung ... wobei mir klar wird, ich brauch ein wenig erholung ... hier verpass ich ohnehin nix, ich geh lieber schlafen!
Stephan tuts mir gleich, wechselt sich mit Petra im nachmittagsschlaferl-halten ab ... während Stefan, fit und munter wie immer, das kleine städchen erkundet.

Ausgeruht und ausgeglichen treffen wir uns am späten nachmittag auf der hotel-terrasse ... tippseln und notieren fleissig ... verarbeiten die erlebnisse des tages mit ausgiebigen witzeleien über den horrortrip ... geniessen ausblick und gesellschaft, business as usual, quasi ...

trotzdem, man kanns nicht oft genug erwähnen ... wir habens einfach so fein miteinander, und es ist unglaublich lässig, dass wir auf dieser reise fantastische menschen treffen, die mit uns ein stück des weges gehen (grösstenteils eher fahren ;o) ... das alles fühlt sich so stimmig an, total im fluss ... ok, das mag jetzt manch einem zu kitschig und esoterisch werden, aber wir fühlen uns in diesen berichten der wahrheit verpflichtet, hier wird nix dazugedichtet oder erfunden! ... ich versuch nur mit meinen armseligen schreibkünsten das gefühl eines absolut schönen moments zu vermitteln =)

Nach dem, immer noch anrührend schön empfundenen, sonnenuntergang begeben wir uns wiedermal auf futtersuche, vertrauen hierbei mal wieder auf lonely planet, der uns zu einem lokal direkt am pier führt. Einzig, wir sind für laotische verhältnisse spät dran, das resti schaut geschlossen aus. Aber als wir höflich fragen, bietet man uns suppe an und deutet auf die gekühlten getränke ... suppi, sogar kaltes bier gibt's!

Die terrasse des restaurants ragt auf stelzen fast bis ans ufer des mekongs, ein anblick, an dem ich mich immer noch nicht sattgesehn hab ... der mond lugt hinter einem berg hervor ... die dampfende suppe wird serviert ... AAAHHH! ... soooo schön!

Die suppe ist fantastisch, ein totaler aufrichter! Kräftige fleischbrühe mit gemüse und glasnudeln, dazu gibt's frischen salat – den man zerpflückt und in die suppe schmeisst, sehr lecker! – und natürlich das (heiss)geliebte chillipulver ...

Der mond wird immer grösser, der anblick fast unpackbar. Wir sitzen lang dort, plaudern und lachen viel; wenn wir schweigen wird's aber auch nicht unangenehm ... alle starren auf den unwirklich glitzernden mond, versuchen den anblick auf chipkarten zu bannen.

So endet dieser tag, total schön ... den mond anheulend, in absoluter harmonie mit uns und der welt ... dankbar, dass alles erleben zu dürfen – die positiven genauso wie die (eh so wenigen) negativen momente ...

... so sind mir die vielen viecher und die speckige matraze im zimmer extrem wurscht, ich schlaf sofort ein ... glaub, den andren geht's genauso!

Tini

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